Carolus: Aufgepaßt, Europa!

Frankfurter Rundschau, 29. September 1995
Aufgepaßt, Europa! Die Deutschen versuchen's schon wieder! Ans kontinentale Portemonnaie soll nur dürfen, wer kann, also, wie Le Monde orakelt, außer les allemands und den Dänen noch die Osterreicher und als Alibi ein bißchen Benelux. Europa wird deutsch - oder gar nicht. Aber den wahren Trick haben die Kollegen aus Paris noch gar nicht bemerkt. Es heißt nämlich demnächst: Portmonee.

Wo da der Trick liegt? Darin, daß die Germanen so tun, als hätten sie nur für ihr eigenes Land (plus Osterreich und ein bißchen Schweiz) eine Ortograviecherei vor. Falsch. Sie wollen gar nicht das einschlagen, was die Welschen le sonderweg nennen. Sie wollen die Euro-Sprache. Natürlich kommt ein bißchen Französisch drin vor, aber örupéisch geschrieben. Englisch wird wegen des großen Erfolgs auch beigemischt; aber nicht zu viel davon. Denn man bedenke auch: Unsere Mark wird stärker und stärker, andererseits haben die Briten ihr Pfund vor Jahren auf 453,59 Gramm abgewertet. Außerdem: Die schreiben typewriter, sprechen Taip-Reiter und meinen Schreibmaschine. Ehrlich, bei der Schreibweise fallen Fehler diesseits des Kanals bzw. Atlantiks kaum auf. Außerdem haben die Linksverkehr. Da muß noch vieles anders werden. Andererseits bezieht die Eurospiek ein paar wohlschmeckende Umlaute unverfælscht prima prima aus Dænemark.

Mit einer solchen integrierten Gesamtortografle, fyr die es bereits Probeleufe gegeben hat, wird dem Ørupæer das Lesen leicht gemacht. Analfabeten, gebt uns die Stimme! Wir Reformdeutschen myssen uns ja auch gewøhnen. Per Gesetz. Danach gilt der Satz, mit dem ein Russe, ein Schach-Großmeister, ein Matt anzukündigen pflegt: Nothing goes not no more.

Das wäre bis hierher noch kein Malør. Aber Achtung! Wir wollen groß werden und sind daher außerdem noch sehr für die Ost-Erweiterung (Koppelwort, weil: sonst könnte man es als Oster-Weiterung lesen und sich der Illusion zusætzlicher Urlaubstage hingeben). Wozu hat der Saisskerl Genser wohl Kroatien so snell anerkannt? Der Haken daran war: Er wollte den Haken über dem S, damit man pro Zislaut zwei Anslæge sparen kann, und sparen myssen wir alle. Das ist eine søne Beserung.

Und wenn ihr euch weigert? Dann, liebe Franzosen, begebt ihr euch selber auf den Sonderweg, und redet euch bitte nicht mit Kulturleistungen wie Kæse und Sampanjer heraus. Den Bluhs werdet ihr kriegen. Das klingt ja bereits im Sangsong so gut: Blø, blø, lamur æ blø...

Ssæ lawi. Kern-Øropa. Mæ wu pløreh, mosjø Sirack? Purkwa donck?