Carolus: Wunschzettel

Frankfurter Rundschau, 14. Februar 1994
Boris Jelzin ist, allen Traditionen zum Trotz, ein bescheidener Mensch. Zum Geburtstag hat er sich Anfang des Monats nur zweierlei gewünscht: einen Satz neue Tennisschläger und einen Rasierapparat. Selbst da gab es Neider. Wladimir Schirinowskij hat gemurrt: "Wozu Tennisschläger? Der Kerl hat gegen den anderen Boris aus Deutschland sowieso keine Chance, und rasieren werde ich ihn selber."

Trotzdem hat Boris der Altere Schule gemacht. Die Wunschzettel einiger bekannter Zeitgenossen sind uns zugeschickt worden. Wir haben das exklusive Recht, die Wünsche auszuplaudem; mehr hatten wir uns nicht gewünscht.

Boris Becker, Monaco: Wenn ich dann den Tennisschläger haben könnte, den Jeli, äh, Zeljin, äh, der Russe nicht mehr braucht?

Tansu Ciller, Ankara: Eine kurdische Grammatik, aber leichtverständlich und kurzgefaßt.

Francois Mitterrand, Paris: Eine Bouillabaisse, möglichst aus Marseille. Nichts Teures aus der Bretagne.

Kirn Il Sung, Pjöngfang: Eine Übersetzung von Mao Tsetungs Schrift über die Atombombe als Papiertiger.

Deng Xiaoping, Peking: Ein besseres Gedächtnis. Wer war noch gleich Mao Tsetung?

John Major, London: Irish Coffee, nicht zu heiß, und keine Damenstrümpfe bitte.

Bill Clinton, Washington: Nicht schon wieder ein Saxophon. Ein Bon für einen Haarschnitt reicht völlig.

Diego Maradona, Buenos Aires: Einmal noch die Hand Gottes, damit ich nicht immer auf den Mann schieße. Wenn das zu unbescheiden ist: einen goldenen Arm.

Rudolf Scharping, Saarbrücken: Helmut Kohl, und zwar in Rente.

Helmut Kohl, Bonn: Rudolf Scharping, und zwar in Ulan Bator.

Oskar Lafontaine, Saarbrücken: Kohl und Scharping, und zwar beide in Rente in Ulan Bator.

Brigitte Seebacher, Unkel: Wehners Pfeife. Mit Fingerabdrücken von Mielke.

Fidel Castro, Havanna: Eine Zigarre. Es muß ja keine Davidoff sein.

Miecislaw Grib, Minsk: Ich will gar nichts. Ich habe sogar eine kaum gebrauchte Souveränität zu verschenken.