Carolus: Die Katastrophe

Frankfurter Rundschau, 27. April 1978
Manneken Pis ist weg. Brüssels bekanntestes Denkmal ist gestohlen. Eine nationale Katastrophe - und doch auch ein Stück Gewohnheit; denn schon oft in der Geschichte ist das Standbild des Jungen, der nach der Legende einen gefährlichen Brand dadurch gelöscht hat, daß er eine Fackel auspinkelte von Dieben oder Witzbolden entwendet worden. Die Redaktion ist zum Beispiel im Besitz einer bildlichen Darstellung aus dem Jahr 1817, die nicht nur das leere Podest, sondern auch die Ratlosigkeit in den Gesichtern der Bürger zeigt.

Diesmal allerdings hat die Hauptstadt Belgiens und Europas schneller reagiert. Sie postiert einen Polizisten an die Stelle des Unglücks. Offen bleibt dabei mancherlei, so die Frage, ob der Ordnungshüter den unbekleideten Knaben wirklich ganz ersetzen kann. Das ist wohl auch eine Konditionsfrage.

An diesem Punkt bringt die Deutsche Presse-Agentur einen bemerkenswerten Vergleich. Manneken Pis, schreibt sie, sei so bekannt wie Eddy Merckx. Der berühmteste Straßenfahrer unter den Radlern dieser Zeit hat immer bemerkenswerte Ausdauer gehabt - beim Radfahren, versteht sich. Ob die Kollegen von der dpa dadurch zu einem Vergleich gekommen sind, den man auch als Vorschlag verstehen kann?